Metallspende des deutschen Volkes. Wer sich privat am Metall bereicherte, wurde mit dem Tode bestraft. Kirchenglocken von St. Jakob blieben der Stadt erhalten

NS-Propaganda-Plakat

NS-Propaganda-Plakat zur Metallspende an Führers Geburstag 1940

W. St. – Als Metallspende des deutschen Volkes wurden Rohstoffsammlungen und Einschmelzungen von Metallgegenständen im Ersten wie auch im Zweiten Weltkrieg bezeichnet. Da Deutschland von jeher in Hinsicht bestimmter Rohstoffe ein Importland war, galt es in Kriegszeiten, die durch abgebrochene Handelskontakte bzw. aufgrund fehlender Devisen nicht mehr beschaffbaren ausländischen Rohstoffe und hier allen voran die Buntmetalle Kupfer, Messing, Zinn und Zink als wichtige Rohstoffe der Rüstungsindustrie (z. B. zur Herstellung von Geschosshülsen) sowie Eisen anderweitig im Inland zu beschaffen. Im Ersten Weltkrieg hieß es „Gold gab ich für Eisen“, wenn jemand seinen Ehering abgab und dafür einen eisernen Ersatz mit dieser Inschrift bekam. Per Verordnung vom 5. Januar 1917 hatten Gastwirtschaften und Privathaushalte sämtliche zinnernen Bierkrüge oder zinnernen Deckelmonturen abzuliefern. Im Laufe des Jahres 1917 wurde begonnen, auch alle Kirchenglocken zu erfassen und nach ihrem historischen Wert zu kategorisieren, um sie entweder zu bewahren oder sie einzuschmelzen.

Spendenbescheinigung

Spendenbescheinigung

Zweiter Weltkrieg erreichte das Sammeln den Höhepunkt

Begründet mit dem bevorstehenden Geburtstag von Adolf Hitler erließ Generalfeldmarschall Hermann Göring am 27. März 1940 den Aufruf zur „Spende des deutschen Volkes zum Geburtstag des Führers“, die so genannte Metallspende. Ein entsprechendes Dekret an die Reichsminister war bereits am 23. Februar 1940 ergangen. Ziel war, wie schon im Ersten Weltkrieg, die Beschaffung „kriegswichtiger“ Rohstoffe. In reichsweit flächendeckend eingerichteten Sammelstellen wurden Metallgegenstände vor allem aus Messing, Kupfer, Bronze, Eisen und Zinn angenommen und zum Einschmelzen verbracht. Als Dank erhielten die Spender eine Urkunde des Führers.

Der Spende-Appell richtete sich jedoch nicht nur an Privatleute, sondern auch Kommunen, Firmen, Vereine und Kirchengemeinden. Von Vereinen wurde erwartet, dass sie z. B. Pokale, Fahnenspitzen und andere Metallobjekte der Vereinstradition ablieferten, auch – zumindest ältere – Blasinstrumente von Spielmannszügen blieben mit Fortdauer des Krieges nicht verschont. Vielerorts wurden auf Friedhöfen bronzene Grabengel, Grabkreuze und andere metallene Grabausstattungen eingezogen. Im weiteren Verlauf des Krieges kam es zu einer systematischen Erfassung von Metallgegenständen im öffentlichen Raum, also von Denkmälern, Brunnen, schmiedeeisernen Zaun- und Toranlagen, Grabepitaphien, von Brückengeländern, Baudekorationen u. ä. Mit Ausbruch des Krieges wurden übrigens auch alle Kupfer- und Nickelmünzen aus dem Verkehr genommen bzw. durch Münzen minderwertiger Legierung ersetzt.

Welch hoher Wert diesen Metallsammlungen beigemessen wurde, zeigt, dass bereits am 29. März 1940, also zwei Tage nach Görings Aufruf, die „Verordnung zum Schutz der Metallsammlung des deutschen Volkes“ erlassen wurde, in der es u. a. heißt: „Wer sich an gesammeltem oder von Verfügungsberechtigten zur Sammlung bestimmtem Metall bereichert oder solches Material sonst seiner Verwendung entzieht, schädigt den großdeutschen Freiheitskampf und wird daher mit dem Tode bestraft.“

Glockenfriedhof 1947 in Hamburg; Foto: Bundesarchiv

Glockenfriedhof 1947 in Hamburg; Foto: Bundesarchiv

Glocken in Rothenburg blieben erhalten

Den Höhepunkt der Metallsammlungen bildete die reichsweite Erfassung und Demontage von bronzenen Kirchenglocken. Sie wurden auf den so genannten Glockenfriedhof in Hamburg verbracht, dort eingeschmolzen und in ihre Grundbestandteile Kupfer und Zinn getrennt. Von den rund 90.000 im Deutschen Reich und den besetzten Gebieten beschlagnahmten Glocken waren bei Kriegsende rund 15.000 noch nicht eingeschmolzen und konnten nach aufwändigen Identifizierungen weitestgehend wieder an ihre angestammten Plätze zurückkehren.  Dass Rothenburg die Glocken von St. Jakob behalten konnte, verdankt die Stadt dem bayerischen NS-Ministerpräsidenten Ludwig Siebert, der von 1908 bis 1919 Oberbürgermeister von Rothenburg war. Er ordnete an, dass die Glocken nicht zur Einschmelze gebracht werden. Die Einschmelzung des Sammelgutes erfolgte fast ausnahmslos in der 1937 für Erzbergbau und Verhüttung gegründeten Aktiengesellschaft Reichswerke Hermann Göring. Wie hoch die Menge der durch Rückschmelzung gewonnen Rohstoffe tatsächlich war, ist nicht mehr festzustellen. Sicher ist dagegen, dass durch diese Aktionen in unermesslichem Umfang künstlerische Werte der Vernichtung anheim fielen.

Das Jungvolk sammelt Altmetall; Propaganda-Foto

Das Jungvolk sammelt Altmetall; Propaganda-Foto

Spendensammeln von Tür zu Tür

Neben der Metallspende kam es mit Beginn des Krieges zu zahlreichen weiteren Spendenaufrufen, z. B. zur Bücherspende für die Wehrmacht, zur „Schallplattensammlung für unsere U-Boote“ etc., weiterhin Altmaterialsammlungen unterschiedlichster Art, Heilkräutersammlungen, Spinnstoffsammlungen etc. Oftmals wurde die Hitlerjugend oder ganze Schulklassen damit beauftragt, von Tür zu Tür zu gehen und die jeweils gewünschten Objekte zu erbitten, was gleichzeitig vor allem in Mietshäusern sozialen Druck zu erzeugen half, leider nicht selten auch zu Denunziationen über vorhandene und nicht abgelieferte Gegenstände führte.

 

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Ein Kommentar zu Metallspende des deutschen Volkes. Wer sich privat am Metall bereicherte, wurde mit dem Tode bestraft. Kirchenglocken von St. Jakob blieben der Stadt erhalten

  1. Claudia Sacher sagt:

    Ich habe heute auf meiner Arbeitsstelle eine Original-Quittung für eine Metallspende mit Hakenkreuz und unterschrieben von Hermann Göring eingerahmt(!) aufgefunden und in der Morgenbesprechung meinen Unmut darüber kund getan. Die Reaktion darauf war sehr verhalten. Der Chef hat sich gerade noch ein: “das hat hier nichts zu suchen” rausgequetscht, damit war das Thema aber schon erledigt. Die Reaktion von Kollegen: “Das ist Geschichte, das muss man ja nicht verstecken”, “da stehe ich dazu”, “Ich wollte es ja nur herzeigen” .
    Meine Mutter hat den Krieg als Kind erlebt. Ihre Posttraumatischen Belastungsstörungen hat kein KIT geheilt. Sie hat mir, als ich selbst ein Kind war, alles erzählt. Alle Einzelheiten! Ich hatte deshalb nachts Alpträume, als hätte ich es selbst erlebt. Heute danke ich ihr dafür, weil ich die Abscheulichkeit dieser Zeit nachvollziehen kann. Ich habe mich manchmal gewundert, woher ihre Neurosen und Ängste kommen. Erst später, als ich schon erwachsen war, habe ich verstanden, woher das kam. Ich sehe mich indirekt als Opfer des Nationalsozialismus, weil ich das Trauma meiner Mutter am eigenen Leib erfahren habe und ihr ja auch nicht helfen konnte. Ich war ja noch ein Kind. Mangelnde Empathie und das Fehlen von Mitgefühl Schwächeren und Kranken gegenüber ist auch eine Ausgeburt der NS-Zeit. Mangelnde Empathie und das Fehlen von Mitgefühl Flüchtlingen gegenüber ist in der heutigen Zeit mittlerweile schon salonfähig. Armes Deutschland!

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