In der ersten öffentlichen Sitzung des Rothenburger Stadtrats erheischte Bürgermeister Hörner Mitleid für die Gegenwart und erhoffte für die Zukunft Demokratie

Das 1945 zerstörte Rathaus wurde schnell wieder aufgebaut

Das 1945 zerstörte Rathaus wurde schnell wieder aufgebaut

Von Wolf Stegemann

Nach Beendigung des Krieges veranlassten die alliierten Militärregierungen durch Benennung von Bürgermeistern und Gemeinderäten und danach durch demokratische Wahlen, aber immer durch Bestätigung der örtlichen Militärregierungen, ein neue Verwaltung und in begrenztem Maße politisches Leben in den Rathäusern und Gemeinden. In der ersten Sitzung einer Gemeinde hielt meist der Befehlsinhaber der lokalen Militärregierung eine Rede, in der er den Gemeindemitgliedern meist Nachhilfeunterricht in Demokratie erteilte. Nicht so in Rothenburg ob der Tauber. Denn in der ersten öffentlichen Ratssitzung am 2. November 1945 sprach lediglich der von den Amerikanern als Bürgermeister eingesetzte Gastwirt Friedrich Hörner, dessen Rede im Ratsprotokollbuch nachzulesen ist. Zugegen war Landrat Zimmermann. Das von Hörner zusammengesetzte und von den Amerikanern genehmigte Gremium bestand aus 15 Mitgliedern aus bewusst allen sozialen und politischen Schichten der Stadt: Adolf Bohn (Friseur, Sie­bertstraße bzw. Obere Bahnhofstraße 36), Karl Collischan (Manufakturwaren-Geschäftsin­haber, Wenggasse 1), Michael Emmerling (Schreiner, Rödergasse 6), Willi Foerster (Graphiker, Untere Schmiedgasse 23), August Herrscher (Landwirt, Neugasse 28), Johann Herrscher (Steinmetzmeister, Hirtengasse 1), Eduard Holstein (Buchdruckereibesitzer, Herrngasse 1), Ernst Keller (Hauptlehrer, Wolff-Straße 6), Mi­chael Meyer (Postsekretär, Bahnhofstraße 7), Leonhard Rupp (Möbelschreiner, Golde­ne Ringgasse 1), Dr. Hans Schleeh (Tierarzt und Schlachthofleiter, Schlachthofstraße 37), Theodor Schletterer (Gärtnereibesitzer, Untere Schmiedgasse 4), Peter Wittmann (Telegraphen-Kraftwagenführer, Tillyweg 8), Karl Thinius (Tabakwarenhändler, Galgengasse 30; im Protokollbuch ist sein Name mit Bleistift ausgestrichen und ein anderer nachgetragen:) Hans Schleeh (Bauer in Horabach 1), Dr. Julius Wünsch (Fabrikant, Hornburgweg 28). – Nicht alle diese Namensträger waren vom Nationalsozialismus unbefleckt, wie der Steinmetzmeister Johann Herrscher, der bis Weihnachten 1945 (!) jüdische Grabsteine vom Friedhof holte, und für andere Gräber weiterverkaufte. Auch Theodor Schletterer paktierte mit den Nazis.

In dieser Sitzungen wurden auch fünf Ratsausschüsse gebildet: Finanz- und Personal (Dr. Wünsch, Bohn, Emmerling, Holstein, Meyer); Werk- und Bau (J. Herrscher, Collischan, Foerster, Rupp, Emmerling); Land- und Fortswirtschaft (A. Herrscher, Schletterer, Wittmann, Meyer); Kultur (Keller, Schletterer, Dr. Wünsch, Foerster, Emmerling); Verkehr (Meyer, Dr. Wünsch, Holstein). – Zudem beschloss der Rat einstimmig, auf dem Friedhof eine Gedenkstätte für die Gefallenen des Ersten und Zweiten Weltkrie­ges sowie für die Opfer des Fliegeran­griffs am 31. März 1945 zu errichten. Dafür sollte an geeigneter Stelle die von Schwanthaler vor 130 Jahren gefertigte Statue verwendet werden. , die auf den verfallenen von Walther’schen Gräbern stand, aufgestellt werden. Der Tafeltext sollte Lauten: „Zum ewigen Gedächtnis der hier ruhenden deutschen Menschen, der hier gebrachten Opfer der unheilvollen Kriege 1914-1918 und 1939-1945. Die trauernde Stadt Rothenburg ob der Tauber.“

Flüchtlinge, Zeichnung von Tisa von der Schulenburg (Sammlung Stegemann)

Flüchtlinge, Zeichnung von Tisa von der Schulenburg (Sammlung Stegemann)

Obdach- und heimatlos Vertriebene gefährden die Sittlichkeit

Eine Kommentierung der Rede vom November 1945 ist notwendig. Vorweg gesagt: Friedrich Hörners Rede – auf Rothenburg und Rothenburger bezogen – ist kein Eingeständnis des Versagens der Stadtbevölkerung, die bei den Präsidentschaftswahlen 1932 mit 87 Prozent für Hitler gestimmt hatte. Vielmehr schob Hörner allgemein die Schuld irgendwelchen Eliten (Kräfte in gehobenen Stellungen) zu, „die den Verbrechern ihr Vernichtungswerk durch treue Gefolgschaft bis zuletzt bewusst oder unbewusst ermöglichten“. Hörner musste wissen, dass in Rothenburg große Teile der Bevölkerung – Jugendliche und Alte, Arbeiter und Akademiker – in besonders quälender Weise beispielsweise die jüdischen Nachbarn drangsalierte und vertrieb. Darüber sagte er nichts. Dagegen hoffte Hörner auf Rehabilitierung derjenigen, deren Parteizugehörigkeit erzwungen war oder sie aus Gründen der „besonderen Verhältnissen“ – gemeint wohl Karriere, Beruf, Ansehen – die Nazis und somit deren Verbrechen unterstützten.

Auch machte sich der von den Amerikanern ernannte Nachkriegsbürgermeister Sorgen um den „sittlichen Verfall“ der Bewohner seiner Stadt, der Vertriebenen und der durch Bombardierung obdachlos gewordenen Menschen, weil sie nun so eng beieinander wohnen mussten. Daher lehnte er einen weiteren Zuzug von Flüchtlingen ab, zumal die Einheimischen dann ihre Berufe nicht mehr ausüben könnten und sie wechseln müssten. Und er führte den  in der Vergangenheit stets guten Ruf  als gastfreundliches Rothenburg ins Feld, der durch den Zuzug der obdach- und heimatlos Gewordenen nun zu Schaden kommen würde. Drei eigenartige Begründungen, als ob die „Sittlichkeit“ eines ganzen Volkes nicht bereits in den Jahren 1933 bis 1945 abhanden gekommen wäre.

Hörner beklagte mit Recht die Erziehungsziele der Nazis: „Bewusst und gewollt hat man in der Jugend­erziehung alle ethischen und moralischen Motive verpönt, die Autorität der Lehrer und Lehrherren, ja selbst der Eltern untergraben und nur Gewicht auf die Erziehung zum Heldentum, zur brutalen Härte, zum blinden Gehorsam und Fanatismus gelegt.“ –Friedrich Hörner irrte nicht, wenn er in diesen Gedankengang mit einschloss, dass die Lehrer meist aus eigenem Antrieb ihre Schüler und Schülerinnen im Sinne des Nationalsozialismus zum Fanatismus erzogen hatten – gerade in Rothenburg, wo Lehrer sich dem Nationalsozialismus besonders angedient hatten und den „Völkischen Beobachter“ im Unterricht hatten lesen lassen.

Friedrich Hörner suchte in seiner Rede die Schuld am Nationalsozialismus und seinen Verbrechen bei anderen. Mit keinem Wort erwähnte er die Opfer des Nationalsozialismus und die Täter in seiner eigenen Stadt. Hätte er das getan, hätte er sich zum unrechten Handeln seiner Rothenburger bekennen müssen und wäre vielleicht von ihnen wieder aus dem Amt getrieben worden.

Bürgermeister Friedrich Hörners Rede (Auszug)

Nachkriegsbürgermeister Friedrich Hörner (1950)

Nachkriegsbürgermeister Friedrich Hörner (1950)

Sehr verehrte Herren! Entsprechend meiner seinerzeitigen Erklärung im ersten Rothenburger Mitteilungs­blatt vom 20. Juli 1945, wonach ich baldigst die Verantwortung für die Leitung der Ge­schicke der Stadt auf  breitere Schultern legen werde, habe ich schon vor mehr als einem Monat an Sie das Ersuchen gerichtet, sich für [die] Bildung eines Stadtrats zur Verfü­gung zu stellen. Obwohl ich überzeugt bin, dass Sie sich alle der ungeheuren Schwierig­keiten, die Ihnen in diesem Amt bevorstehen, bewusst waren, haben Sie sich doch einmütig zur Annahme bereit erklärt und danke ich Ihnen hiefür im Namen der Gesamt­einwohnerschaft. Leider stellten sich der von mir beabsichtigten sofortigen Einberufung und Abhaltung der ersten konstituierenden Sitzung viele Hemmnisse entgegen, so dass dies erst heute möglich wurde. Ich erachte es als einen glücklichen Umstand, dass die ge­plante Bildung politischer Parteien erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen soll und betone deshalb wohl mit Ihrem vollen Einverständnis, dass wir uns nicht als Vertreter ei­ner Partei und auch nicht einer Wirtschafts- oder Interessentengruppe, sondern als Be­auftragte unserer gesamten Bevölkerung fühlen. Die Zusammensetzung des Stadtrats aus allen Kreisen dient lediglich dem Zweck, die Erfahrungen eines jeden Herren auf seinem Gebiet zum Nutzen der Gesamtheit zu verwerten. Unser Volk hat unsagba­res Leid erduldet, aber leider steht uns offensichtlich noch schweres, vielleicht sogar das Schwerste noch bevor und es ist klar, dass es uns wenigen Männern selbst beim besten Willen nicht möglich sein wird, unser Schicksal zu meistern, wenn nicht jeder einzelne Volksgenosse an seinem Platz seine ganze Kraft hiefür einsetzt und vorbehaltlos und ohne Rücksicht auf persönliche Interessen dem Wohle des Ganzen sich widmet. Dieses gilt selbstverständlich in erster Linie für die Stadtratsmitglieder und ich möchte Sie pflichtgemäß ersuchen, mir durch Handschlag zu geloben, dass nichts anderes als das Wohl der Gesamtheit die Richtschnur Ihres Handelns sein soll und dass Sie zugleich das Amtsgeheimnis stets wahren werden.

  • Friedrich Hörner zeichnet nun das Bild des Karrens, der tief im Dreck steckt und meint dazu, dass dieser Vergleich mit Deutschland nicht ganz stimme, denn Deutschland sei ein riesiges Schiff, das tief im Morast festsitze.

Genugtuung über Kriegsverbrecherprozesse in ganz Deutschland

Wenn nun zur Wiederhebung des Riesenschiffes „Deutschland“  […] der Einsatz der letzten Kraft notwendig wird, dann ist es eine Selbstverständlichkeit, dass auch die bisher in so genannten geho­benen Stellungen eingesetzten Kräfte sich dieser Arbeit unterziehen müssen, die den Verbrechern ihr Vernichtungswerk durch treue Gefolgschaft bis zuletzt bewusst oder unbewusst ermöglichten und auch die, denen von der Militärregierung wegen Parteizugehörigkeit oder der Art ihrer Betätigung als Parteigenossen das Verbleiben in ihren Amtsstellen vorübergehend oder dauernd untersagt ist. Ob diese Arbeit leicht oder schwer fällt, hängt im Wesentlichen davon ab, ob sie in Erkenntnis unserer Lage freiwil­lig geleistet wird, oder ob sie im andern Fall durch Zwang auferlegt werden muss, wie es anderwärts bereits geschieht. Wir ersehen heute mit Genugtuung aus den sich in ganz Deutschland abspielenden Prozessen gegen die Kriegsverbrecher, dass die alliierten Be­satzungsmächte hart aber gerecht zugreifen, um die Verbrechen, die an der ganzen Menschheit und nicht zuletzt am deutschen Volk selbst begangen wurden, an den Schul­digen zu sühnen, soweit von einer angemessenen Sühne überhaupt gesprochen werden kann, aber wir hoffen zugleich, dass uns selbst noch die Möglichkeit gegeben wird, Schuld und Sühne im Einzelfall in Einklang zu bringen und alle die, deren Vergehen nur in erzwungener oder durch besondere Verhältnisse veranlasster Parteizugehörigkeit be­stand, die sich aber nicht aktivistisch, denunziatorisch oder sonst wie gemein gegen an­ders denkende Volksgenossen betätigten, politisch, beruflich und gesellschaftlich zu re­habilitieren.

Die Stadt war zu 40 Prozent zerstört; es musste vielen Heimatvertriebenen Obdach gegeben werden

Die Stadt war zu 40 Prozent zerstört; es musste vielen Heimatvertriebenen Obdach gegeben werden

Wohnungsnot seit dem Ersten Weltkrieg

Unser dringendstes und mit den bisher angewandten und zur Verfügung stehenden Mitteln nicht lösbares Problem ist die Schaffung von Wohnraum, da der jetzige, aus der Not geborene Zustand der Überbelegung von Wohnungen auf die Dauer untragbar ist, denn er bedeutet eine Gefahrenquelle sowohl in gesundheitlicher als sittlicher Hinsicht.

Es war bestimmt nicht meine Absicht, die wegen ihrer Gastfreundschaft weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannte Stadt nun zu dem traurigen Ruhm gelangen zu lassen, dass sie in Deutschlands schwerster Zeit kein Verständnis für die Not der obdach- und heimatlos gewordenen Volksgenossen aufgebracht habe. Wenn ich mich trotzdem veranlasst sah, mir von der amerikanischen Militärregierung die Zustimmung für eine Zuzugssperre zu erholen, dann nur deshalb, weil im andern Fall durch vorher geübte Großzügigkeit ein untragbarer Zustand eingetreten wäre, an dessen äußerster Grenze wir bereits angelangt waren. Das bekannte Rothenburg war schon in den letzten Jahren des Krieges die Zufluchtstätte zahlreicher Flüchtlinge aus gefährdeten Gebieten, in den letzten Monaten wurden noch organisierte Transporte aus der Saar und aus Nürnberg hierher geleitet, von denen noch viele nicht zurückkehren konnten. Auch viele Rothen­burger, die in allen Teilen des Reiches zerstreut und dort ansässig waren, suchten und suchen noch Asyl bei hiesigen Verwandten, so dass nun in dem zu zirka 40 % zerstörten Rothenburg Tausende von Menschen mehr wohnen als vor dem Kriege. Dabei leidet aber Rothenburg schon seit dem Ersten Weltkrieg an Wohnungsnot, zu deren Behebung in den letzten 12 Jahren so viel wie nichts getan wurde, denn so, wie nach [dem] traurig berühmtem Ausspruch Kanonen besser als Butter waren, so waren auch Kasernen, Flug- und Exerzierplätze, Fliegerhorste, Bunker, Luftschutzkeller und strategische Straßen notwendiger als Wohnungen!

Harte Maßnahmen der Zuzugssperre

Aber auch andere Erwägungen zwangen zu der harten Maßnahme der Zuzugssperre, es handelt sich ja nicht allein darum, dass wir den Zuzugsuchenden keine Unterkunft bieten können, sondern sie finden in unserer indus­triearmen Stadt und Umgebung auch keine Existenzgrundlage. Gewiss erklärt sich jeder Obdachlose, ganz gleich welchen Berufes, wenn man ihm die letzteren Schwierigkeiten vor Augen führt, bereit, jede sich bietende Arbeit zu verrichten, aber es ist doch un­schwer vorauszusehen, dass sehr viele Einheimische durch die veränderten Verhältnisse gezwungen sein werden, ihren seitherigen Beruf zu wechseln und umzulernen und ist bestimmt damit zu rechnen, dass bei klarer Erkenntnis unserer Lage sehr bald der jetzi­ge Mangel an Facharbeitern, insbesondere im Baugewerbe behoben werden kann. […]

Schulrat Keller schrieb 1949 in das Poesiealbum der Schülerin Ingeborg Heise: Die Wahrheit hat oft einen schweren Stand, vernichtet werden kann sie nie!"

Schulrat Keller schrieb 1949 in das Poesiealbum der Schülerin Ingeborg Heise: “Die Wahrheit hat oft einen schweren Stand, vernichtet werden kann sie nie!”

Große Anstrengungen wird es auf dem Gebiete der Erziehung bedürfen, um die un­geheuren Schuttmassen, unter denen die moralischen Qualitäten der deutschen Jugend begraben sind, wieder wegzuräumen und zugleich das auf schulischem Gebiet bisher Versäumte nach Möglichkeit nachzuholen. Bewusst und gewollt hat man in der Jugend­erziehung alle ethischen und moralischen Motive verpönt, die Autorität der Lehrer und Lehrherren, ja selbst der Eltern untergraben und nur Gewicht auf die Erziehung zum Heldentum, zur brutalen Härte, zum blinden Gehorsam und Fanatismus gelegt. Hier stehen insbesondere unsere Lehrkräfte vor der schweren und verantwortungsvollen Aufgabe einer radikalen Ausmerzung dieser Ideologie, die allerdings nur denen gelingen kann, die selbst im Innersten von der Notwendigkeit einer Umkehr in den seitherigen Erziehungsmethoden überzeugt sind. Für die Rothenburger Volksschulen ist durch die Ernennung unseres Stadtratsmitglieds Herrn Ernst Keller zum Schulrat die Gewähr dafür geboten, dass die Erziehung der Schuljugend in die richtigen Bahnen gelenkt wird. Ihm ist es zu verdanken, dass unsere Volksschulen als erste in Bayern ihre Pforten wieder öffnen konnten und es wird ihm auch trotz aller entgegenstehenden Schwierigkeiten gelingen, seinen Lehrkörper diesem Zweck entsprechend zu gestalten. Nicht weniger wichtig als die Öffnung der Volksschulen ist die der Berufsschulen, die noch größeren Widerständen begegnet ist, doch auch hier sind sie glücklich soweit überwunden, dass der Schulbetrieb in den nächsten Tagen beginnen kann […].

Vertrauen der amerikanischen Militärregierung

In der eingangs erwähnten öffentlichen Erklärung vom 20. Juli 1945 teilte ich mit, dass es mir gelungen war, das mir von der Militärregierung durch Ernennung zum Bürgermeister gezeigte Vertrauen weiter zu erhalten und zu bestärken. Heute kann ich meiner Freude konstatieren, dass dies auch bei der neuen Besetzung der Militärregierung mit Herrn Major Anderson an der Spitze gelungen ist und ich bei allen Belangen der Stadt, die ich dort zu vertreten habe, weitgehendes Verständnis und Entgegenkommen finde. […]

Meine Herren! Die Zeit der Diktatur ist nun vorüber, die schrecklichen Folgen derselben werden uns leider noch Jahrzehnte an diese schmachvollste Epoche deutscher Geschichte erinnern. Wir aber als Stadtrat sind nun keinem Verbrecher, der sich Führer [nennt], sondern dem deutschen Volk und im Besonderen unserer Rothenburger Bevölkerung verantwortlich. Wir tragen die Verantwortung gerne, wir wissen, dass wir nicht immun gegen Fehler sind und unterstellen deshalb unsere Maßnahmen gerne der Beurteilung derer, die nicht Kritik der Kritik wegen üben, sondern selbst mithelfen wollen, die vor uns auftürmenden Schwierigkeiten zu beheben. Wir sind aber infolge der Erfahrun­gen von vor 1933 nicht mehr gewillt, durch hemmungslose und unsachliche Kritik den Erfolg unserer ehrlichen Bemühungen in Frage stellen zulassen, insbesondere nicht von denen, die in den letzten 12 Jahren ihre politische und wirtschaftliche Urteilslosigkeit mit so traurigen Folgen unter Beweis stellten. Schluss mit den geheimen Sitzungen war die verlogene Parole der Nazi in ihrer Pro­paganda vor 1933, die erste öffentliche Sitzung nach ungefähr einem Jahrzehnt Nazi­macht ist heute, an diesen soll in Zukunft festgehalten werden, sofern nicht städtische oder private Interessen durch öffentliche Behandlung gefährdet würden. […] Meine Herren! Das Gesagte konnte natürlich kein erschöpfendes Bild unserer Gesamtlage darstellen, sondern nur die hauptsächlichsten Fragen streifen…

________________________________________________________________

Quelle: StaR NS 024.5- – Rede kommentarlos abgedruckt in „Die Linde“ Nr. 5 (Mai 2003), Beilage des Vereins Alt-Rothenburg im „Fränkischen Anzeiger“.
Dieser Beitrag wurde unter Demokratisierung, Erste Nachkriegsjahre, Stadtverwaltung abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert